Virtueller
Urlaub
Seit einiger Zeit fahren meine
Frau
und ich nur noch virtuell in den Urlaub.
Wir sitzen vor dem
Fernsehgerät
auf unserem bequemen Sofa und träumen uns weit weg.
Unsere Freunde sind schon ganz
neidisch,
wenn wir erzählen wo wir am Wochenende wieder überall gewesen
sind. Und das ganz umsonst!
Die Länder Europas kennen
wir
inzwischen wie unsere kuscheligen Kissen, und auch die anderen
fünf
Kontinente sind uns so vertraut wie unsere Pantoffeln. Die tragen wir
allerdings
nicht mehr so oft wie früher. Überhaupt hat unsere Kleidung
jetzt
ein geradezu sportliches Outfit bekommen. Besuchen wir z. B. die
Malediven
mit ihrer faszinierenden Unterwasserwelt, haben wir natürlich
außer
Schwimmflossen und Taucherbrille nichts weiter an. Die Heizung im
Wohnzimmer
habe ich natürlich vorher voll aufgedreht. Schließlich
wollen
wir uns ja nicht erkälten.
Vorige Woche waren wir für
ein
Stündchen in der Antarktis bei einer Expedition mit dabei und
heilfroh,
dass wir auf eine Ausrüstung zurückgreifen konnten, die wir
uns
einige Wochen zuvor für einen Ausflug zum Nordkap besorgt hatten.
Ich brauchte also nur noch unsere beiden Tiefkühlschränke im
Wohnzimmer aufzustellen. Da drin war es allerdings etwas
ungemütlich,
aber so konnten wir die drangvolle Enge in den Expeditionscontainern
sehr
gut am eigenen Leibe nachvollziehen.
Übermorgen steht die
Besteigung
der Eiger-Nordwand auf unserem Programm. Meine Frau meint aber, dies
wäre
ihr vielleicht doch etwas zu sportlich. Wir sollten daher lieber ins
Alte
Land bei Hamburg fahren und endlich einmal die schönen Äpfel
probieren, die es dort reichlich geben soll.
Nicht umsonst, dafür aber
echt!

Copyright by Michael
Blümel
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Halbtrauer
Im Museum Altes Land in Jork
ist ein
Bild mit einer zumindest für den ortsfremden Besucher
rätselhaften
Unterschrift zu bewundern. Es zeigt zwei Frauen in nur leicht
unterschiedlicher
Altländer Tracht, der so genannten Trauertracht.
Sie stehen zusammen unter einem
aufgespannten
schwarzen Regenschirm vor einem recht schiefen Grabstein. Unter dem
Bild
steht: Trauer und Halbtrauer
Wir haben November, also einen
Monat,
in dem diese Worte wieder einmal eine ganz besondere Bedeutung für
uns sterbliche Menschen haben sollten. Doch halt!
Was ist Halbtrauer? Kann man
Trauer
halbieren? Darf dann vielleicht schon wieder ein Mann angelächelt
werden, der sich der Trauernden in ehrbarer Absicht nähert?
Schließlich
ist sie noch jung und hübsch. Oder geht es gar nur um den
schnöden
Mammon, weil sie ihrer Familie nicht mehr länger auf der Tasche
liegen
soll? Zeit ist schließlich Geld. Auch und gerade im Alten
Land!
Gibt es vielleicht einen Zeitplan dafür, wie lange Trauer zu
dauern
hat?
"Stimmt genau!", sagt die in
vorwiegend
schwarze Tracht gekleidete Gästeführerin und lächelt.
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Lockere
Sitten?
Das Museum Altes Land in Jork
beherbergt
unter seinem reetgedeckten Dach viele interessante Zeugnisse
Altländer
Kultur und Lebensart. So auch in der Abteilung für Möbel und
Trachten. Dort stehen zwei Stühle, die sich nur durch ihre
Größe
von einander unterscheiden.
Auf einem kleinen Schild ist zu
lesen:"
Männerstuhl aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Gedrechselte und
gezapfte
Stollenkonstruktion mit eingeschobener Sitzplatte aus Eichenholz."
Neugierig schaut man auf den
anderen,
etwas kleineren Stuhl. Es ist ein Frauenstuhl. Sogar ein ganz
Besonderer.
Nämlich ein "Tittengevstohl". Sie haben richtig gelesen! Genauso
steht
es dort:
Schwarz auf weiß. Der
verblüffte
Besucher kann dem kleinen Stuhl nicht ansehen, ob auf ihm
möglicherweise
eine sehr originelle und auch recht lockere Altländer Lebensart
praktiziert
wurde, die dann im Lauf der Jahrhunderte leider in Vergessenheit
geraten
ist.
Doch das Schildchen klärt
auf:
"Es handelt sich hier um einen
sogenannten
Stillstuhl. Durch seine geringe Sitzhöhe wurde der Mutter das
Stillen
ihres Säuglings erleichtert."
Nix da von wegen originell und
lockeren
Sitten. Nicht im Alten Land!
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Der
Champion
Auf den ersten Blick ist an
dem Pferd,
das als braunes Relief auf grauem Sandstein zu sehen ist, nichts
Auffälliges
zu entdecken. Noch nicht einmal, ob es sich hier um einen Hengst oder
eine
Stute handelt. Erst beim Lesen der Inschrift wird klar, welch ein
erstaunliches
Beispiel an vorbildlicher Manneskraft den überraschten Besuchern
des
Museum Altes Land präsentiert wird: "CHAMPION. Brauner Hengst,
geboren 1849 in England, deckte 24 Jahre auf der Station Jork und
endete
hier im Juni 1877" Eine weiße Tafel informiert
zusätzlich: "1854
wurde der Deckhengst Champion hier in Jork aufgestellt. Er war
kräftig
gebaut, zeigte energischen Gang und zeugte in 24 Jahren insgesamt
eintausendachthundertfünfzig
temperamentvolle Fohlen. Noch heute findet sich Championblut in den
Pferden
des Alten Landes."
Ich rechne nach: Das waren im
Schnitt
siebenundsiebzig Kinder pro Jahr!
Das Decken der rossigen Stuten
ging
übrigens noch mit dem guten alten - immer wieder schön
anzusehenden
- so genannten "Natursprung" über die Bühne.
Wohl so manchem, jetzt vielleicht
doch
nachdenklich gewordenen Vater von - sagen wir mal - zwei
Sprößlingen,
offenbart sich nun auf eine ganz neue Weise der tiefere Sinn des alten
Sprichworts: "Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr!"
Auf ein Denkmal braucht er bei
diesem
wenig überzeugenden Nachweis der eigenen Kräfte allerdings
nicht
zu hoffen.
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Der
Geist von Tante Rosa
Der kleine Kolonialwarenladen
von Rosa
Mehrkens ist wirklich etwas Besonderes und vermittelt dem faszinierten
Besucher den Eindruck einer ganz eigenen, sehr persönlich
gehaltenen
Atmosphäre! In ihm bediente "Tante Rosa" - wie sie liebevoll
genannt
wurde von 1953 bis 1986 täglich von 06:00 Uhr bis 19.00 Uhr ihre
Kunden.
Er ist genau das, was man unter einem so genannten "Tante Emma
Laden"
versteht. Nur dass er in diesem Fall nun mal "Tante Rosas Laden"
heißt.
Neben all den vielen
nützlichen
Dingen wie Lebensmittel, Schnürsenkel, Schnullern und anderen
Kurzwaren,
gehörte für sie das Gespräch - der "Klönschnack" -
mit ihren großen und kleinen Kunden sozusagen mit zum Angebot und
erweiterte so auf sympathische Weise das Sortiment!
Besonders Kinder wußten die
bunten
"Bonsches" aus dem großen Glas zu schätzen und konnten
sicher
sein, dass der immer wohlschmeckende Vorrat an Süßigkeiten
nie
zur Neige ging. Im Alter von 75 Jahren mußte sie den Laden
schließen.
Ihr Testament bestimmte seine
Aufstellung
im Museum Altes Land und damit wäre die Geschichte zu Ende, wenn
es
da nicht noch etwas Seltsames zu berichten gäbe.
In unserer heutigen so
überaus
hektischen und vermeintlich aufgeklärten Zeit ist es nur schwer
vorstellbar,
dass gelegentlich Wunder geschehen und es immer noch Geheimnisse gibt.
Vielleicht hat aber doch schon
der
eine oder andere aufmerksame Beobachter bei einem wiederholten Besuch
des
Museums bemerkt, dass auch nach dem Tod von Tante Rosa das Glas mit den
leckeren Bonbons nicht leer wird, obwohl sich so manches Kind
inzwischen
heimlich selbst bedient hat.
Wer wollte das den kleinen
Naschkatzen
auch verdenken, wenn die Versuchung groß ist und so leicht
befriedigt
werden kann.
Vielleicht ist es ja Tante Rosa
selbst,
die immer pünktlich zur Geisterstunde nach dem Rechten sieht und
den
eventuell zur Neige gegangenen Vorrat wieder auffüllt.
Geister können ja
bekanntlich
(fast) alles.
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Der
Patentmaulkorb
Fast alle der
hier auf
dieser Seite veröffentlichten lustigen Geschichten und viele
weitere
stehen in diesem Büchlein!
Die
Brauttür
"Altländer
Brauttür, datiert
1751, einflügelige Eichenholzkonstruktion mit aufgesetztem
Schnitzwerk
und durchbrochenem Oberlicht. Angefertigt für W. von Riegen."
So steht es kurz und bündig
auf
einer weißen Tafel. Und von der lächelnden
Gästeführerin
erfährt man, welch besondere Bewandtnis es mit dieser und vielen
anderen
Brauttüren im Alten Land auf sich hat.
Ein original Altländer
Bauernhaus
ist mit seiner schönen Giebelfront und dem hier so typischen
Fachwerk
aus roten Ziegeln und weißen Balken immer eine Augenweide.
Hinzu kommt eine Besonderheit, die sich erst beim vergeblichen Klopfen
an die vermeintliche Haustür dem fremden Besucher offenbart. Diese
Tür ist nämlich immer verschlossen. Ja, Sie haben richtig
gelesen.
Immer! Es handelt sich hier um eine so genannte Brauttür, die nur
bei drei ganz bestimmten Anlässen geöffnet wird.
Der eigentliche Eingang befindet
sich
an der Rückseite des Hauses. Von hier aus erfolgt die
Bewirtschaftung
des bäuerlichen Betriebes und sie wird auf den an das Haus
unmittelbar
angrenzenden Feldern und Wiesen fortgesetzt.
Nun zurück zu unserer
Brauttür.
Der Name sagt es schon. Durch diese Tür zog die junge Braut in ihr
neues Heim. Und nur durch diese Tür zog sie auch wieder aus.
"Aber dann mit den
Füßen
voran", wie die jetzt doch ein wenig ernst gewordene
Gästeführerin
bedeutungsvoll erzählt.
Der dritte Anlass für das
Öffnen
der Tür waren Feuer und andere Katastrophen. Während die
Männer
versuchten, den Brand zu löschen und das Vieh zu retten, trugen
die
Frauen die wertvollen Truhen, die aus diesem Grund auch immer in der
Nähe
der Brauttür standen, ins Freie. Sie enthielten unter anderem die
kostbare Aussteuer, den Familienschmuck und Feiertagskleidung.
Bleibt jetzt nur noch zu fragen,
welche
Überlegungen wohl der Braut durch den Kopf gingen, wenn sie zum
ersten
Mal durch diese besondere Tür ihren Einzug hielt. Dachte sie
bereits
schon an ihren späteren, todsicheren Auszug? Und welche
Erwartungen
und Hoffnungen beschäftigten eigentlich den Bräutigam?
Vielleicht freuten sich die
Beiden
aber auch einfach nur ihres Lebens und dachten schon ungeduldig an die
Hochzeitsnacht.
Nach dem schönen Motto:
"Erst
das Vergnügen und zum Teufel mit den Sorgen!"
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Der
unsichtbare König
Viele Menschen denken: "Wir
haben keinen
König". Das ist falsch. Wir haben doch einen: den
Wachtelkönig!
Er ist allerdings bisher nur von
wenigen
Menschen gesehen worden; natürlich von Vogelkundlern und anderen
naturverbundenenen
Zeitgenossen. Dieser König und sein kleines Volk sind eine
schützenswerte
Minderheit, weil sie als Indikatoren für eine noch intakte Natur
gelten.
Sein Reich befindet sich jetzt
immer
öfter gerade dort, wo weitere Zerstörungen unserer Umwelt -
auch
hier im Alten Land - aus vorwiegend wirtschaftlichen Interessen geplant
sind und trotz des Widerstandes eines großen Teils der
Bevölkerung
leider auch realisiert werden!
Auch wenn dann schon nach kurzer
Zeit
festgestellt wird, dass zum Beispiel ein Verkehrskollaps nur vermieden
werden kann, wenn noch mehr Straßen gebaut werden. Diesen Effekt
nennt man "Teufelskreis" und er führt eher früher als
später
zum Verlust an Lebensqualität für uns alle!
Es reicht also nicht aus, wenn
der
König wie in dem Märchen vom Hasen und dem Igel schon ganz
heiser
krächzt: "Ick bün all hier!"
Wenn wir Menschen nämlich
nicht
bald zur Besinnung kommen, werden sich die jetzt noch weitgehend
naturnahen
Landschaften in eine Wüste aus Beton verwandelt haben.
Nur ein ganz kleiner
Schönheitsfehler
wird dann diese "Idylle" trüben:
Die Natur ist unsichtbar
geworden.
Unsichtbar, wie der Wachtelkönig!
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Mönölöke
Die kleine Porzellanpuppe
steht ganz
allein in einer eigens für sie angefertigten Glasvitrine und
schaut
stolz am Besucher vorbei ins Ungefähre. Irgendwie so, als ob sie
sich
ihrer großen Bedeutung, die sie früher einmal für die
Menschen
hatte, völlig bewusst sei. Sie trägt die typische
Altländer
Hochzeitstracht und eine sehr aufwändig aus seidenen Blumen und
Filigranschmuck
gefertigte Festhaube.
Diese Puppen wurden früher
hier
im Alten Land, aber auch auf der anderen Elbseite, der Braut geschenkt,
damit sie ihr Glück bringen und sie an diesen besonderen Tag
erinnern
sollten. Man nannte sie deshalb seit alters her
„Mönölöke“.
Vermutlich stecken in
dieser
Bezeichnung auch die holländischen, englischen und dänischen
Worte für Glück: „Geluk“, „luck“ und „lykke“.
Fast will es dem Besucher
scheinen,
als ob sich die Glücksbringerin in ihrer engen gläsernen
Behausung
nicht so recht wohl fühlt und zum Beispiel viel lieber auf dem Arm
der neben ihr stehenden schönen Braut sitzen würde, die sich
zusammen mit anderen ebenfalls festlich gekleideten Personen in einer
der
beiden größeren, klimageschützten Schauvitrinen dem
Besucher
auf eindrucksvolle Weise präsentiert.
Am allerliebsten würde sie
aber
mit dem Baby spielen, das in seinem prachtvoll bestickten weißen
Taufkleid ganz in der Nähe mit mürrischem Gesicht auf einem
großen
Kissen liegt und sich ganz offensichtlich langweilt. Vielleicht
würde
sie dann sogar einmal neugierig nachschauen, ob es ein Junge oder ein
Mädchen
ist.
Doch die Pflicht zur
Repräsentation
und ein stets untadeliges Verhalten sind nun mal oberstes Gebot
für
die Damen und Herren in der Trachtenabteilung. Daran müssen sich
auch
ihre kleinen Kinder und sogar die Puppen halten.
Genau wie im richtigen Leben -
außer
in gewissen Königshäusern.
© Fred
Lang
Ich freue
mich über
Leserpost!
fred.lang.info@web.de
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